Grundlagen

Pluripotente Stammzellen

Die Verwendung pluripotenter Stammzellen in der biomedizinischen Grundlagenforschung wie auch in verschiedensten therapeutischen Ansätzen hat großes Potential und ist ein großer Hoffnungsträger bei der Behandlung von Erkrankungen. Pluripotente Stammzellen haben die Eigenschaft der Selbsterneuerung ohne Alterung sowie die Fähigkeit sich in Zelltypen aller drei Keimblätter des adulten Körpers zu entwickeln. Diese Eigenschaften existieren in einer spezifischen kurzen Zeitspanne in den Zellen, die die innere Zellmasse des frühen Embryos bilden und daher embryonale Stammzellen genannt werden. Für die Erzeugung von humanen embryonalen Stammzellen waren Embryonen notwendig und somit traten ethische Probleme auf. Um diese ethische Hürde zu umgehen, lag der wissenschaftliche Fokus auf der Suche nach einer alternativen Art an Stammzellen, welche die Eigenschaften von humanen embryonalen Stammzellen besitzen.

Ein großer Durchbruch gelang hierbei der Gruppe um den Japaner Shinya Yamanaka, der es erstmals gelungen war, erwachsene Körperzellen in Stammzellen zurückzuwandeln und somit induzierte pluripotente Stammzellen (kurz iPS-Zellen) herzustellen. Für die Entdeckung erhielt Prof. Yamanaka gemeinsam mit dem britischen Forscher John Gurdon den Medizin-Nobelpreis 2012. iPS-Zellen können aus somatischen Zellen unterschiedlicher Lebewesen, wie z.B. der Maus, des Primaten oder des Menschen hergestellt werden, indem verschiedene Faktoren in die Zellen eingeschleust werden. Ebenso wie embryonale Stammzellen, besitzen iPS-Zellen das Potenzial zur Selbsterneuerung und zur Differenzierung und können somit als ethisch unbedenkliche Alternative für verschiedene Anwendungen benutzt werden.

Stammzellen in der Herzforschung

iPS-Zellen können aus Zellen unterschiedlichen Ursprungs, wie z.B. aus Haut-Fibroblasten, Haarwurzelzellen oder mononukleären Blutzellen reprogrammiert werden. Mittels dieser Methode lassen sich also von jedem Menschen die jeweiligen körpereigenen Stammzellen in der Kulturschale herstellen, welche das identische Genom des Spenders und somit auch die gleichen genetischen Varianten oder Defekte in sich tragen. Somit konnten wir in den letzten Jahren eine stetig wachsende Biobank mit iPS-Zellen von Patienten unterschiedlicher genetischer Herzerkrankungen sowie zahlreicher gesunder Spender aufbauen.

Nach heutigem Forschungsstand ist man bereits in der Lage, die patientenspezifischen iPS-Zellen ganz gezielt in vielerlei unterschiedliche Zelltypen, wie Nervenzellen, Leberzellen oder kontrahierende Herzmuskelzellen in hoher Anzahl und Reinheit zu entwickeln und somit ein einzigartiges Modell für alle weiteren Anwendungen zu bieten. Die patientenspezifischen iPS-Zellen finden vielfältige Einsatzmöglichkeiten in regenerativen Ansätzen (z.B. in der Herstellung von künstlichem Herzgewebe), in Krankheitsmodellierungen in der Kulturschale (für ein besseres Verständnis der Erkrankung), in der Arzneimittelentwicklung und in pharmakologischen Toxizitäts-Screenings. Das übergeordnete Ziel ist hierbei oftmals die Entwicklung neuer Behandlungsstrategien und Medikamente zur Bekämpfung von Krankheiten.

BIOspektrum: Patientenspezifische iPS-Zellen und deren Anwendung in der Herzforschung